Da es mich wunder nahm, wie das Ranchleben in Kanada sein würde, verbrachte ich einen Monat auf der Dane Ranch in Tatla Lake (BC). Tiere, Landwirtschaft und Natur waren genau mein Ding, auch wenn die Arbeit teilweise echt anstrengend war.
Einblicke in das Leben eines echten Cowboys
Garrett war sein Name. Schon sein Vater wählte das Leben eines Cowboys. Garrett wäre nicht Garrett, wenn er nicht ständig Kautabak kauen würde und nicht jeder seiner Schritte vom Klirren seiner Sporren begleitet wäre.

Garrett, ein echter Cowboy
Garrett raucht und flucht. Und er hat auch immer sein Gewehr griffbereit in seinem Chevy Truck. Garrett könnte kochen, überlässt es aber gerne den Frauen. Dafür macht er Feuer wenn es abends kalt wird im Bunkhouse. Er versteht es, mit Pferden umzugehen. Es hat mich richtig beeidruckt, wie er kaum zu bändigende Pferden in die Schranken weisen konnte und anschliessend beinahe problemlos mit diesen Pferden die Arbeit mit dem Vieh verrichtete. Er verdient seinen Nebenverdienst damit, unreitbare und gefährliche Pferde zu kaufen, sie zu bändigen und dann als gut reitbare Ranchpferde wieder zu verkaufen.
Garrett scheint furchtlos, liebt die Herausforderung und den Nervenkitzel. Ausserdem fand er es ziemlich lustig, mich gelegentlich in Panik zu versetzen. Manchmal übertreibt er es auch. Dann ist es halt so, dass man zum Beispiel mit einem „Side-By-Side“ (4WD Gefährt) mitten in einem Sumpf stecken bleibt und dann Stunden braucht, um da wieder raus zu kommen.

Das war keine so gute Idee

Garrett’s Hunde
Garrett’s vier Hunde sind seine treuen Begleiter und genau so wichtig bei seiner Arbeit, wie die Pferde. Zusammen sind sie ein Team und halten Hunderte von Rindern, Kühen, Kälber und Bullen auf einmal im Zaun. Niemanden ist es gestattet, diese Hunde anzufassen. Nicht einmal Garrett’s Freundin darf das. Cowboys sind nämlich der Meinung, dass dies die Beziehung zu ihren Hunden negativ beeinflussen könnte, wenn da andauernd andere Menschen kommen, die Hunde streicheln und sie „süss“ finden. „Süss“ sind die Hunde nämlich nicht, sondern richtige Arbeitstiere. So wie Garrett. Manchmal verbringt er 14 Stunden im Sattel und scheint immer noch genügend Energie zu haben, um sich mit einem Bullen vom Boden aus anzulegen.

Garrett’s Pferd nach getaner Arbeit
Garrett erzählt gerne von seinem Leben und ist sichtlich stolz darauf, ein Cowboy zu sein. Er mag die Arbeit in der Natur und mit den Tier. Er ist unabhängig und gerne sein eigener Boss, wenn er mit einem Pferd und seinen Hunden irgendwo in den Wäldern nach verloren gegangenem Vieh sucht.
Zwischen Zäune flicken und das Vieh nach Hause bringen
Als ich zur Ranch fuhr, wusste ich noch nicht so genau, was mich dort erwarten würde. Ich wusste nur, dass ich dort bei der täglichen Arbeit mit anpacken werde und diese bestimmt eine körperliche Herausforderung für mich sein würde. So war es dann auch.
Viel Zeit verbrachte ich damit, mit Garrett und seiner Freundin Frouke Zäune zu flicken. Wir verbrachten Tage damit, die Zäune auf Vordermann zu bringen, bevor wir 1000 Mutterkühe mit ihren Kälber nach Hause brachten. Über den Winter bleibt das Vieh nämlich auf der Ranch und wird mit Heuballen gefüttert. Und dafür müssen die Zäune in Ordnung sein.

Kita begleitete mich beim Stacheldraht-Zaun flicken
In der Gegend von Tatla Lake sind die viele Zäune aus Holzstämmen gemacht. Somit fällten wir im Wald Baumstämme, zogen sie mit dem Traktor zur betreffenen Stelle und ersetzten damit die verrotteten Stämme.

Ein weiterer Zaun wird geflickt.
Und natürlich half ich auch mit, das Vieh nach Hause zu holen. Manchmal mit dem Pferd und manchmal nahmen wir auch das „Side-By-Side“ zur Hilfe.
Die Arbeit mit den Kühen ist nicht ganz einfach. Man muss einschätzen können, wie viel Druck man auf die Herde ausübt, um sie in Bewegung zu bringen. Ist es zu wenig, dann wird man einfach ignoriert. Ist es zu viel wird man möglicherweise von Hunderten verrückt gewordenen Kühen über den Haufen gerannt. Ausserdem kann man nicht davon ausgehen, dass das Vieh auf einer so grossen Ranch wie es die Dane Ranch ist, besonders zahm ist. Den Sommer verbringen die 2000 Kühe, Kälber, Rinder und Bullen nämlich in weitem Gelände, fernab von Menschen und Zäunen.

Das Vieh kommt nach Hause

Vieh bei einer Bachüberquerung
Um alle Tiere vor dem Winter zu finden und nach Hause zu bringen, überfliegt Garrett mit einem Piloten zusammen in einem Kleinflugzeug das Gebiet der Dane Ranch. Ich hatte Glück und konnte dabei einmal mitfliegen. Es war mein Geburtstag und darum nahm er mich mit. Es war grandioses Wetter und ich genoss es die Welt von oben zu sehen.

Die Dane Ranch von oben
Ansonsten gehörte zu meinem Aufgabenbereich das versorgen der Tiere. Jeden Morgen brachte ich die Schafe auf die Wiese und abends holte ich sie wieder nach Hause. Ich war auch bei anderen Arbeiten mit dabei. Zum Beispiel beim Wechseln einer Bremsscheibe, beim Reifenwechsel eines Hängers, bei der Kontrolle der Wasserleitungen, oder beim Heuballen herstellen. Es gab immer etwas zu tun und mir wurde nie langweilig.

Ein frisch geborenes Lamm

John Deer in Aktion
Der Tierarzt ist zu Besuch
Jedes Jahr im Oktober ist Zeit für den sogenannten „Preg-Check“. Die Kühe werden per Ultraschall von Ross, dem Tierarzt geprüft, ob sie trächtig sind. Sind sie trächtig, werden sie geimpft und entwurmt. Sind sie es nicht, werden sie verkauft. Ausserdem sind zu diesem Zeitpunkt ihre Kälber genug alt und können verkauft werden. Deshalb werden gleichzeitig zum „Preg-Check“ auch die Kälber von der Mütter getrennt und riesige Viehtransporter kommen und holen die Tiere ab. Verkauft heisst, dass die Tiere später geschlachtet werden und anschliessend irgendwo auf dem Teller landen.

Kühe und Kälber werden sortiert
Es galt also, 1000 Mutterkühe zu auf ihre Trächtigkeit zu kontrollieren, zu impfen, zu entwurmen und die jungen Kühe und Bullen, welche für die Zucht behalten werden, bekamen ein Branding verpasst.
Unterstützung bekam Ross von den ganzen Ranchteam und mir. Ich war für das Bereitstellen der verschiedenen Impfungen verantwortlich und betätigte die Tore um die nicht tragenden Kühen von den tragenden abzutrennen. Wenn Garrett ein Branding machen musste, besprühte ich die Tiere mit einem Entwurmungsmittel. Jeder hatte also alle Hände voll zu tun. Man musste schnell sein und sich konzentrieren. Ein Fehler bedeutete nämlich Mehraufwand. Und wir waren manchmal auch schon ohne grösseren Fehler bis nach Einbruch der Dunkelheit am arbeiten.

Ein Kalb wird geimpft und entwurmt
Die Tage waren teilweise wirklich lange. Gearbeitet wurde auch bei Regen, bei Schnee und bei Dunkelheit. Doch mir hatte es Spass gemacht. Das ganze Ranchteam war immer top motiviert und schien Spass zu haben.

Warten auf den Abtransport
Das Ranchleben bedeutet viel Arbeit. Freizeit gab es kaum. Wenn man sich für das Leben auf einer Ranch entscheidet, dann lebt man dafür und für nichts anderes. Es bedeutet viel Arbeit. Arbeit die Spass macht, aber auch Arbeit die bindet. Das ist mir in diesem Monat sehr bewusst geworden. Doch Garrett und die anderen scheinen damit glücklich zu sein. Schön konnte ich einen weiteren Aspekt vom Leben in Kanada kennen lernen.
4 Gedanken zu “Das Ranchleben in Kanada”