Ich verbrachte rund 4 Wochen in Vietnam. Gemeinsam mit mit meiner Kollegin Simona reisten wir vom Norden in Richtung Süden. Vietnam war speziell, manchmal etwas skurril und befremdlich. Es lieferte also genügend Stoff, um hier einige Anekdoten nieder zu schreiben. Über einige Erinnerungen lachen Simona und ich noch heute. Andere Erlebnisse wiederum hinterliessen bei mir Unbehagen und Verständnislosigkeit.
In Sapa müssen sich die Frauen vor China fürchten
Sapa ist bekannt für Wanderungen durch die Hügel und Reisfelder. Simona und ich buchten eine dreitätige begleite Wanderung mit einer Vietnamesin namens May. Viele Menschen in dieser Region von Vietnam leben abseits von Infrastruktur und Schulen. Deshalb sind besonders die Frauen ungebildet und von ihren Männern abhängig. Durch die geführten Touren haben diese Frauen eine Nische gefunden, um ihr eigenes Geld zu verdienen. May hat sich durch das Hören von Worten selber etwas Englisch beigebracht. Zur Schule gegangen sei sie nicht.

Auf unserer Wanderung erzählte uns May von ihrem Leben in den Hügeln von Sapa. Einmal da fragte ich sie, ob sie jemals ausserhalb von Vietnam gewesen sei. Dies verneinte sie. Ich fragte sie, ob sie denn nicht einmal habe nach China reisen wollen, das sei ja nicht so weit von ihrem Zu Hause entfernt. Sie schaute mich mit grossen Augen an und erklärte mir mit erster Stimme, dass wir nie zu nahe an die Grenze zu China gehen dürften. Es sei nämlich so, dass wenn Frauen zu Nahe an China rangehen würden, oder sogar die Grenze zu China überschreiten würden, sie nie mehr nach Hause zurück kehren würden. Ich fragte sie, wieso das so sei. Darauf meinte sie, es werde vermutet, dass die Frauen in China verheiratet werden und deshalb nicht mehr zu ihrer Familie zurückkehren dürften.

May’s Erläuterungen schockierten mich und stimmten mich nachdenklich. Es ist wohl kein Geheimnis, dass in China jahrzehntelang die Mädchen weniger Wert waren als Jungen und sie deshalb in der Schwangerschaft abgetrieben oder nach ihrer Geburt getötet wurden, zumal für lange Zeit nur ein Kind pro Familie erlaubt war. Das ist einfach nur grausam. Und jetzt, da sie nicht genügend Frauen für ihre männliche Bevölkerung haben, werden einfach mittellose Vietnamesinnen unfreiwillig nach China gebracht um diesen Fehler zu „beheben“? Ich machte mich im Internet etwas schlau und musste feststellen, dass es ein bekanntes Phänomen ist. Arme vietnamesische Bauernfamilien lassen ihre Töchter für Geld nach China verschleppen, damit sie dort zwangsverheiratet werden können.
Speiseplan des Grauens
Immer wieder begegneten uns in Vietnam Glasbehälter, in denen sich in Schnaps eingelegte tote Tiere am Stück befand. Schlangen, Skorpione, Ratten, Katzen, einfach alles. Lange dachte ich mir, dass dies wohl eine Art „Touristenattraktion“ sein sollte, da sie die Aufmerksamkeit von vielen Touristen auf sich zogen. Es wurde einem erzählt, dass der Schnaps mit eingelegter Schlange zum Beispiel besonders potent mache. Ich wollte nicht wahrhaben, dass diese Tiere auch tatsächlich gegessen werden.

Nach unserem Wandertrip wollten Simona und ich eines Abends eine Strasse in Sapa überqueren. Ein Roller kam angefahren. Ich konnte meinen Augen nicht glauben, was ich da auf seinem Gepäckträger gebunden sah. Es war ein toter Hund, bei welchem mit einem Bunsenbrenner oder Feuer die Haare vom Fell weggebrannt wurden. Ich habe bereits Videos von Tierschutzorganisationen gesehen, auf denen gezeigt wurde, wie noch lebende Hunde so unter höllischen Qualen getötet wurden, um anschliessend verspeist zu werden. Mir blieb nur zu hoffen, das der Hund bereits tot war, bevor sie ihn so zugerichtet hatten. Somit konnte ich mir denken, dass die eingelegten Tiere nicht nur „Touristenattraktionen“ waren, sondern auch tatsächlich von Einheimischen gegessen wurden.
Zugfahrt mit dem „lustigen“ Onkel
Wer kennt es nicht, Verwandte, die einem gelegentlich auf die Nerven gehen. Was Simona und ich während unser Zugfahrt von Hue nach Da Nang beobachten konnten, liess uns aber wieder ganz zufrieden sein mit unserer Verwandtschaft.

Wir machten es uns in unserem Zugabteil gemütlich und langsam füllte sich der Zug. Vor uns platzierte sich eine vietnamesische Grossfamilie. Vom Baby bis zur Oma waren alle mit dabei. Die Familienmitglieder unterhielten sich untereinander. Der Zug setzte sich in Bewegung und das Rumpeln liess mit der Zeit alle etwas schläfrig werden. Und dann trat der „lustige Onkel“ der Grossfamilie in Aktion. Sobald eines der Familienmitglieder einnickte, schlich sich der Onkel an die Person heran und verpasste der eingenickten Person unter grossem Gelächter eine herzhafte Ohrfeige. Dies wiederholte er wieder und wieder, bei unterschiedlichen Familienmitglieder. Nur das Baby und die Oma blieben verschont. Jeder schien das Verhalten des Onkels hin zu nehmen, ohne ihn zurecht zu weisen. Das zumindest hätte ich getan, wenn sich einer meiner Onkel so verhalten würde. Diese Szenen verwirrten mich und ich fragte mich, ob das kulturelle Unterschiede sind, oder sich die Familie bereits an den besonderen „Humor“ des Onkels gewöhnt hatten.

Eine missglückte Flucht vor dem Schuhhändler
Hoi An ist bekannt für die mit bunten Laternen behangenen Strassen und den vielen Schneidereien, welche für Touristen Kleidung nach Mass anfertigen. Auch Simona und ich besuchten eine Schneiderei, um uns einige Kleidungstücke anfertigen zu lassen. Nachdem wir die Schneiderei verliessen, wollten wir durch die Stadt bummeln und uns etwas in den Läden umschauen. Leider betraten wir den Laden eines ziemlich aufdringlichen Schuhhändlers. Immer wieder wollte er uns überteuerte Birkenstocksandalen andrehen. Freundlich versuchten wir den Schuhhändler abzuwimmeln und uns Richtung Ausgang zu manövrieren. Ich wurde langsam ungeduldig. Bei so einem aufdringlichen Händler würde ich bestimmt nie etwas kaufen, sagte ich zu Simona.

Als wir uns dem Ausgang genähert hatte, entschied ich mich für die Flucht nach vorne und stürmte gerade zu aus dem Laden. Und da geschah es, ein Bändel meiner Flipflops riss. Zuerst versuchte ich noch den Flipflop zu reparieren, während Simona und ich immer wieder in Gelächter ausbrachen. Der aufdringliche Schuhhändler beobachtete uns und winkte mit seinen Birkenstocksandalen. So kam es, dass ich mich doch gezwungen sah, Schuhe bei diesem Händler zu kaufen. Ich kaufte aber die günstigsten Flipflops, welche ich finden konnte.

Das verrückte Gewusel auf Vietnams Strassen
Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1000 Worte.

Simona und ich mussten in Hanoi angekommen zuerst herausfinden, wie man in Vietnam überhaupt eine Strasse überquert. Als wir in Ho-Chi-Minh waren, wussten wir dann schon bescheid. Die Regel für Fussgänger lautet: Geh langsam, aber stetig. Stoppe nie und gehe auch nicht zu schnell! Den nur so können die Verkehrsteilnehmer auf Rädern kalkulieren, ob sie dich vor dir oder hinter dir kreuzen wollen. Befolgt man diese Regeln nicht, könnte man Gefahr laufen, ein riesiges Verkehrschaos zu verursachen. Für mich war es jeweils Nervenkitzel pur, wenn es darum ging, eine Strasse in den grossen Städten zu überqueren.
Unterschiedliche Hygienevorstellungen
Reisen und die eigenen Hygienevorstellungen lassen sich nicht immer unter einen Hunt bringen. Das war auch in Vietnam nicht anders. Auffallend fand ich, dass in den Städten die einheimischen Menschen oft mit Gesichtsmasken herum liefen. Ich fragte mich, ob das die Menschen machten, um sich selber zu schützen oder andere. Seit Corona bin ich diesbezüglich wohl auch aufgeklärter.Auf den Strassen war bestimmt auch noch der Smog ein Faktor, welcher die Menschen animierte Masken zu tragen. Doch auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln trugen die Einheimischen Masken. Simona und ich sind oft in Nachtbusen gereist. Wir waren es uns gewohnt, dass alles etwas versifft war und „menschelte“.

Einmal beobachtete ich eine Frau, welche am Brot essen war. Sie höhlen den Brotanschnitt aus und klebte sich dann diesen Anschnitt wie eine Maske ans Gesicht. So verblieb sie den ganzen Abend und unterhielt sich mit anderen Fahrgästen. Das fand ich ziemlich kurios. Eine Busfahrt in Kambodscha übertrumpfte dieses Ereignis aber noch. Da nahm sich eine Passagierin ohne mit der Wimper zu zucken den Vorhang ihres Fensters und schnäuzte besonders innig und geräuschvoll in den Vorhang. Simona und ich können heute noch nicht glauben, dass diese Frau das wirklich gemacht hat.

Die schönen Seiten von Vietnam
Zum Schluss muss ich auch erwähnen, dass Vietnam auch viele schöne Seiten hatte. Die Reisfelder, der Urwald, das Meer und die vielen Inseln boten viele schöne Ausflugsziele. Vietnam ist bunt und vielseitig.
Besonders in Erinnerungen geblieben sind mir die Schiffstour in der Ha Long Bucht und ein Schnorchelausflug bei den Inseln nahe Nha Trangs. Da fühlte ich mich wohl und voll und ganz mit der Natur verbunden.


Wir hatten so einiges erlebt auf unserer Reise durch Vietnam. Viele neue Eindrücke und Begebenheiten führten dazu, dass es Simona und mir nie langweilig wurde. Vor meiner Reise nach Vietnam, las ich viele tolle Reiseberichte. Da scheint dieser vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig zu sein. Auf alle Fälle möchte ich nicht mit dem Finger auf eine bestimmte Kultur oder Menschengruppe zeigen, sondern viel mehr zum Ausdruck bringen, dass man sich nicht überall auf der Welt gleich wohl fühlt.
3 Gedanken zu “Befremdliches aus Vietnam”