Nachdem ich erfolgreich auf dem Dalton Highway zum arktischen Meer gefahren war, gondelte ich etwas planlos mit Odin durch Alaska. Ich konnte mich bis anhin noch nicht wirklich für ein weiteres Ziel entscheiden, bekam von Einheimischen und Touristen aber den Tipp, den Denali Highway zu befahren. Das hörte sich nach einer guten Idee an.
Die (beinahe) Königin der Welt
Mir war der Triumph der pannenfreien Fahrt nach Deadhorse doch etwas in den Kopf gestiegen. Das musste ich mir später eingestehen. Denn völlig sorgenfrei und mich nicht im geringsten über den Denali Highway erkundigt zu haben, fuhr ich drauf los. Die Musik laut aus den Boxen dröhnend und mit den Gedanken, dass jetzt ja sowieso nichts mehr passieren könnte, genoss ich die holprige Fahrt auf der dem Denali Highway, welcher Cantwell mit Paxson verbindet. 135 Meilen führten durch die Abgeschiedenheit und beeindruckende Natur von Alaska.

Der Denali Highway
Nach einer Weile stellte ich fest, dass mir Auto- und Fahrradfahrer, die ich passierte, immer höflich zu winken. Ich lächelte und winkte natürlich zurück, ohne mir dabei etwas zu denken. Schliesslich fühlte ich mich ja auch wie die Königin der Welt.
Der Gedanke, dass etwas nicht stimmen könnte, kam mir erst, als plötzlich ein noch nie da gewesenes, sich wiederholendes Geräusch auftauchte. Doch wahrhaben wollte ich es dann doch nicht. So fuhr ich in der Hoffnung weiter, dass sich das komische Geräusch vielleicht in Luft auflösen würde. Nach einigen Meilen liess sich das Geräusch aber nicht mehr ignorieren und ich hielt an, um nachzusehen. Dabei traf mich beinahe der Schlag, als ich feststellte, was ich angerichtet hatte. Rauch und der Gestank von verbranntem Gummi kam mir entgegen, als ich den komplett zerstörten Autoreifen meines rechten Hinterrades begutachtete.
Glück im Unglück
Ich hatte nicht einmal Zeit um in Panik auszubrechen, als schon ein Auto angefahren kam. Ich hielt es an und mit einem Schmunzeln stiegen Beth und Brad aus. Diese meinten zu mir, dass sie schon begonnen haben zu wetten, wie lange ich noch mit dem ruinierten Reifen weiter fahren würde. Da musste ich dann doch auch etwas lachen. Anschliessend fragte ich Brad, ob er möglicherweise wisse, wie man einen Reifen wechselt. Dies bejahte er und machte sich ohne zu zögern an die Arbeit, während ich noch im Handbuch nach einer Bedienungsanleitung suchte.

Brad, mein Retter in der Not
Nach getaner Arbeit blieben wir beim Auto stehen und plauderten miteinander. Ich war natürlich unglaublich dankbar, auf Beth und Brad getroffen zu sein.
Während wir uns unterhielten, kam ein deutscher Fahrradfahrer angefahren. Er gehörte auch zu denen, die mir gewinkt hatten, um mich auf den kaputten Reifen aufmerksam zu machen. Etwas irritiert fragte er mich, ob ich denn noch immer Hilfe benötige, um den Reifen zu wechseln. Ganz stolz meinte ich, dass wir das doch schon erledigt hätten. Er riet mir daraufhin, dass ich doch mal den linken Hinterreifen begutachten sollte. Als ich seinem Rat folgte, bekam ich gleich ein zweites Mal beinahe einen Herzinfarkt. Auch der linke Reifen war nun platt.

Zwei Plattfüsse auf einmal
Das passiert wohl, während wir den Reifen auf der rechten Seite wechselten. Das Problematische an der ganzen Sache war, dass ich nur einen Ersatzreifen dabei hatte und der bereits auf der rechten Seite im Einsatz war.
Ein weiteres Auto hielt an und die Fahrerin meinte, dass sich in geschätzten 15 Meilen eine Restaurant mit Reparaturservice für Autoreifen befinden würde und ich es nur irgendwie bis dahin schaffen müsste. Brad und dem deutschen Fahrradfahrer kam die Idee, den Reifen einfach wieder aufzupumpen und zu hoffen, dass die Luft für die nächsten 15 Meilen hält. Leider war die Fahrradpumpe dafür nicht geeignet.
Als sich ein weiteres Auto näherte, hielt ich auch dieses an und fragte die Insassen, ob sie möglicherweise eine elektronische Autopumpe mit dabei hätten. Glücklicherweise hatten sie eine dabei und auch diese Menschen halfen mir ohne zu zögern. Ich hatte wirklich wahnsinnig Glück!
Nachdem der Reifen aufgepumpt war, bedankte und verabschiedete ich mich von den Helfern und fuhr langsam weiter. Brad und Beth fuhren hinter mir her, um sicher zu stellen, dass ich die 15 Meilen auch wirklich schaffe. Schliesslich erreichte ich das Restaurant und ein junger Herr machte sich auch gleich an die Reparatur meines Reifens. Doch es war bereits später Nachmittag und mir wurde geraten, heute nicht mehr weiter zu fahren. Es wäre noch ein weiter Weg, bis nach Glennallen, wo neue Reifen zu bekommen seien. Der Inhaber des Restaurants meinte, dass ich hier natürlich mein Auto hinstellen und campen könne. Dankbar und erleichtert verabschiedete ich mich somit von Beth und Brad, die noch weiter fahren wollten.
Eine weitere glückliche Begegnung
Ich suchte mir ein schönes Plätzchen aus und ging ins Restaurant, um mir einen Burger zu spendieren. Dabei erholte ich mich etwas von dem Schreck der vergangenen Stunden.

Hier lässt es sich gut übernachten
Als ich wieder zu Odin zurück kehrte, war ich nicht mehr alleine. Ein Paar hatte sich Nebenan ihr Lager für die Nacht eingeschlagen. Sie kamen auf mich zu und wir kamen sofort ins Gespräch, da ihnen mein Ersatzreifen ins Auge stach. So erzählte ich ihnen meine Geschichte, als sie mich zu einem Gläschen Wein einluden. Wir befanden uns auf Anhieb auf der gleichen Wellenlänge und ich verbrachte den ganzen Abend mit Dan und Stephanie vor ihrem Lagerfeuer. Schliesslich luden sie mich spontan zu sich nach Hause nach Homer ein, um einige Tage dort zu verbringen. Diese Einladung nahm ich natürlich sehr gerne an und ich war froh, endlich wieder ein Ziel zu haben. Ziellos durch die Gegend gondeln war doch irgendwie nicht so mein Ding.

Dan bereitet das Frühstück vor
Am nächsten Tag verabschiedete ich mich von Stephanie und Dan, da ich mit meinen lädierten Reifen die folgenden 100 Meilen im Schneckentempo zurück legen und in Glennallen auf meine neuen Reifen warten musste. Als die neuen Reifen dann montiert waren, konnte es weiter in Richtung Homer gehen.
In Homer angekommen verbrachte ich 5 wundervolle Tage mit Stephanie und Dan, welche ich nicht so schnell vergessen werde.
Ach herje, so etwas musste einfach noch passieren. Sonst wäre das ganze Abenteuer „Roadtrip durch Amerika“ irgendwie verfehlt gewesen. Durch den Zwischenfall sind mir viele tolle Menschen begegnet und ich verbrachte trotz Allem (und 410 Dollar weniger) eine super Zeit.