Mein zweites Highlight befindet sich ebenfalls auf der Nordinsel Neuseelands. Der Tongariro Nationalpark. Er war wohl meine grösste körperliche Herausforderung, welcher ich mich in Neuseeland gestellt habe. Aber er war es jede Mühe wert!
Der Tongariro Nationalpark ist der älteste Nationalpark Neuseelands und gehört zum UNESCO Weltkultur- und –naturerbe. Er ist geprägt von drei Vulkanen, dem Mt Ruapehu, dem Mt Tongariro und dem Mt Ngauruhoe.
Man hört und liest viel über das Alpen Crossing im Tongariro Nationalpark. Es lässt einem davon träumen, aber auch zweifeln. Rückblickend würde ich wohl sagen, nicht lange darüber nach zu denken, sondern es einfach zu tun.
Anka und ich waren uns nicht sicher, ob ein Alpen Crossing etwas für uns ist. Anka war noch nie in den Bergen und meine Fitness ist gelinde gesagt noch ausbaufähig. Deshalb machen wir uns am Morgen zuerst zur Touristeninformation um uns zu erkundigen. Den Weg hätten wir uns wohl besser gespart und direkt den Mangatepopo Parkplatz angesteuert. Der freundliche Mitarbeiter der Touristeninformation meint nämlich zu uns, wir wären doof wenn wir es nicht zumindest versuchen würden.
Auf zu unserem ersten, halben Alpine Crossing
Leider ist es dann auch schon 10 Uhr morgens bis wir am Start des Alpen Crossings durch den Tongariro Nationalpark stehen. Eigentlich gäbe es Shuttel-Busse, welche die Wanderer nach dem erfolgreichen Crossing vom Ziel, dem Ketetahi Car Park, wieder zurück zum Ausgangs-Parkplatz nach Mangatepopo fahren. Diese fahren aber nur bis 17 Uhr (oder wir haben einfach kein Unternehmen gefunden, welches auch später noch fährt). Da die Wanderzeit zwischen 6 bis 8 Stunden beträgt und wir nicht unter Zeitdruck stehen wollen, beschliessen wir nur die Hälfte des Alpen Crossing zu machen. Unser Tagesziel heisst also Red Crater, welches sich auf dem höchsten Punkt des Crossings befindet.
Frohen Mutes machen wir uns auf den Weg. Das Wetter ist wunderbar, die Landschaft sehr stimmungsvoll und der Weg schön angenehm zu laufen. Das Tal, welches wir durchlaufen, ist mit kniehohen Grasbüscheln und kleinen Sträuchen übersäht. Das feine Rauschen eines Bächleins begleitet uns durch das Tal. Man lässt seine Gedanken schweifen oder unterhält sich mit anderen Wanderern. Vor uns liegt ein 3½-stündiger Weg und 800 Höhenmeter.
Dem Schicksalsberg ganz nahe sein
Diese Vulkanlandschaft ist wirklich beeindrucken. Bereits einen Tag zuvor haben wir den Vulkankegel des Mt Ngauruhoe (oder von Herr-der-Ringe-Fans auch „der Schicksalsberg“ genannt) durch das Autofenster erblickt. Und jetzt kommen wir ihm mit jedem Schritt etwas näher. Mit jedem Schritt wird das Gelände auch etwas anspruchsvoller und der gemütliche Holzsteg weicht den ersten Treppen. Es sind viele Treppen, die sich mit dem leicht ansteigenden Kiesweg abwechseln.
Je länger man geht, desto karger wird die Landschaft. Die üppigen Grasbüschel und Sträucher weichen zunehmend Geröll und Lavagestein. Treppe um Treppe nehme ich und komme zunehmend ins Schnaufen. Anka, die Sportskanone, hat mich natürlich schon längstens abgehängt. Sie wird weiter oben auf mich warten.
Ich mache immer wieder kleine Pausen um mich umzudrehen und die Aussicht zu geniessen. Der Himmel ist klar und lässt weit ins Land blicken. Doch mit Pausen machen kommt man nicht weiter und ich wende mich wieder dem kargen Berg zu. So gehe ich weiter in meinem Rhythmus, ganz in meine Gedanken versunken.
Plötzlich eröffnet sich vor mir eine weite Ebene, den South Crater habe ich nun also erreicht. Ich freue mich, auf das gerade Stück das vor mir liegt. Und auch Anka wartet hier auf mich. Während wir gemeinsam auf dem Weg die Ebene durchqueren, schweift mein Blick immer wieder auf die rechte Seite. Dort ragt nämlich der Kraterkegel des Mt Ngauruhoe herauf. Es gäbe einen Abzweiger um sich wie Frodo hoch zum Krater zu machen. Doch das lassen Anka und ich bleiben. Aber man fühlt sich auch so etwas wie in „Herr der Ringe“. Nur scheint die Sonne für uns in Mordor.
Den Ausblick auf den Red Crater muss man sich verdienen
Viel zu schnell ist der South Crater durchquert und wir machen uns an die anspruchsvollste Etappe der gesamten Wanderung. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch nach den Treppen zurücksehnen werde. Doch jetzt gilt es für Anka und mich einen Geröllhang hoch zu kommen. Man muss sich echt konzentrieren um keinen falschen Tritt zu machen. Es ist steil, rutschig und anstrengend. Auch die anderen Wanderer scheinen mit dem Gelände zu kämpfen. Eine kurze Strecke führt über einen Felsen. Man muss sich an eine Stahlseil, welches im Felsen verankert ist, hoch ziehen. Dann geht es weiter den Geröllhang hoch.
Doch irgendwann nimmt auch diese Etappe ihr Ende. Kurz vor dem Red Crater führt der Weg nochmals durch eine eher flachere Gegend, welche mit Vulkangestein übersäht ist. Anka und ich setzen uns etwas auf die Steine und machen ein kurze Pause. Genügend Wasser mitnehmen ist echt wichtig, wenn man das Alpine Crossing macht.
Schliesslich raffen wir uns nochmals auf und gehen unserem heutigen Tagesziel entgegen. Und dann ist es endlich geschafft, wir stehen oben und schauen auf den Red Crater runter. Jegliche Anstrengung ist plötzlich vergessen bei diesem wunderschönen Anblick. Der Krater zeigt sich in verschiedenen Rot-, Schwarz- und Brauntönen. Hie und da raucht es aus der Erde und es riecht nach Schwefel. Im Hintergrund sieht man die türkisfarbenen Emerald Lakes und noch weiter hinten den Blue Lake. Unglaublich was die Natur hier oben so angestellt hat. Wenn man sich über Stunden durch die karge Landschaft gequält hat, ist dieses farbenfrohe Gesamtbild wirklich toll und erweckt Glücksgefühle.
Das Ende in Sicht
Während des Aufstiegs habe ich keine Sekunde daran gedacht, dass wir den gleichen Weg wieder nach unten gehen müssen, den Geröllhang und all die Treppen. Als wir endlich wieder unten im Tal sind und über den Holzsteg und die Kieswege gehen, merke ich erst richtig, wie anstrengend das ganze war. Ich sehne mir den Parkplatz herbei. Meine Beine wollen sich nicht mehr fortbewegen. Doch irgendwann sind auch die letzten Meter geschafft und wir sitzen glücklich, zufrieden, aber auch ziemlich fertig in unserem Auto. Zu diesem Zeitpunkt ist mir noch nicht bewusst, das mir der Muskelkater meines Lebens bevorsteht. Er wird mich die kommende Nacht nicht schlafen lassen und mich auch die nächsten Tage noch begleiten. Doch der Muskelkater wird mich auch an dieses wunderschöne Erlebnis erinnern.
Als Fazit lässt sich sagen, die Mühe hat sich allemal gelohnt. Es war ein toller Tag mit tollem Wetter und toller Landschaft. Welche Erinnerungen verbindest du mit dem Tongariro Nationalpark?